Über den Verein

Der Verein „LILA WINKEL – Vereinigung zur Rehabilitierung und Unterstützung von Opfern der NS-Zeit“ beschäftigt sich seit 1998 mit der Dokumentation und Aufarbeitung des Schicksals unschuldiger Opfer. Der Verein dient der Förderung aller Maßnahmen und Tätigkeiten, welche dem Gedenken an die Opfer, der Aufarbeitung der NS-Zeit in historischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht sowie der gesellschaftlichen und rechtlichen Rehabilitierung der Betroffenen dienlich sind.

Der Verein bezweckt die Förderung der ideellen Interessen der Opfer der NS-Zeit, die Förderung der Beziehungen zwischen betroffenen Überlebenden, deren Angehörigen und Freunden sowie die Förderung der Kooperation zwischen allen an der historischen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Aufarbeitung interessierten und tätigen Personen und Organisationen.

Der Verein, dessen Tätigkeit nicht auf Gewinn ausgerichtet ist, verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Die erforderlichen materiellen Mittel sollen durch Mitglieds- und Förderungsbeiträge, Spenden, Sammlungen, Vermächtnisse und sonstige Zuwendungen aufgebracht werden.

 

Tätigkeitsfeld

Vermittlung von Zeitzeugengesprächen für Schulen und Bildungseinrichtungen

Betreuung der Ausstellungen:
      - "Lebendige Geschichte"
      - "Erinnern ist eine Pflicht – Zeitzeugen der 2. Generation"
      - "Gerhard Steinacher – Schießen kann ich nicht"

Verwaltung des Geschichtsarchivs über Zeugen Jehovas in Österreich während der NS-Zeit

Unterstützung von Gedenkstättenprojekten und Errichtung von Mahnmalen

Teilnahme an Gedenkveranstaltungen

Herausgabe von Druckschriften, DVDs usw.

Unterstützung von Forschungsprojekten

Buch-/DVD-Präsentationen

Die Erinnerung an Menschen, die der Stimme ihres christlichen Gewissens folgten, stellt einen Lichtblick in der so finsteren Geschichte dieser grauenhaften Epoche dar und gibt Hoffnung für nachfolgende Generationen, dass es möglich ist, der Unmenschlichkeit und Grausamkeit, der Ungerechtigkeit und dem Wahnsinn mutig und unerschrocken durch gelebten Glauben entgegen zu treten.

Als einzige Religionsgemeinschaft haben die Zeugen Jehovas bewiesen, dass man sich der Nazi-Ideologie auch als Gruppe entgegenstellen konnte. Wegen ihrer neutralen Haltung wurden sie Opfer der grausamen Verfolgungsmaschinerie. Durch ihren unerschütterlichen Glauben war es den Zeugen möglich „das Böse mit dem Guten zu besiegen“.

Jehovas Zeugen haben sich von Anfang an geschlossen gegen den Nationalsozialismus gestellt. Sie grüßten nicht mit „Heil Hitler“, waren nicht bereit in Rüstungsfirmen zu arbeiten und lehnten den Wehrdienst ab. Sie gehorchten dem göttlichen Gebot „Du sollst nicht töten“!

Sie ließen keinen Zweifel daran, dass sie nicht bereit waren, auf andere Menschen zu schießen, also den Kriegsdienst verweigerten, was im NS-Staat mit “todeswürdiger Wehrkraftzersetzung” bezeichnet wurde. Im “Sonderheft Kriegs-Kriminalistik für Wehrmacht”, Jg. 1941, hieß es: “Ursache für das Ansteigen der Fälle der Zersetzung der Wehrkraft ist im Wesentlichen die Häufung der Fälle, in denen Ernste Bibelforscher nach ihrer Einberufung die Leistung des Dienstes mit der Waffe verweigert haben. So wurden vom Reichskriegsgericht in der Zeit vom 26. August bis 28. September 1940 in der Heimat allein 152 Verfahren gegen Ernste Bibelforscher wegen Zersetzung der Wehrkraft durchgeführt. Auch von den oben angeführten 117 Todesurteilen wurden 112 in der Heimat gegen Ernste Bibelforscher gefällt.”

Die „Ernsten Bibelforscher“, wie man sie nannte, waren damals eine kleine unbedeutende Gruppe von 25.000 Anhängern in Deutschland (mit ca. 65 Mill. Einwohnern), und 550 in Österreich, und sie galten als Gefahr für das große Deutsche Reich, weil sie nicht bereit waren das System zu unterstützen. 250 Bibelforscher aus Deutschland und 50 Bibelforscher aus Österreich wurden wegen Wehrdienstverweigerung verurteilt und hingerichtet.

Bereits 1929 war in der von den Bibelforschern herausgegebenen Publikation “Goldenes Zeitalter”, dem Vorläufer der Zeitschrift “Erwachet!”, über die Gefährlichkeit des Nationalsozialismus zu lesen. In der Ausgabe vom August 1933 berichtete diese Zeitschrift bereits über die Existenz von Konzentrationslagern, weil sie zu den ersten gehörten (bereits im Juli 1933), die in die KZ oder Vernichtungslager kamen. Es wurden sogar genaue Pläne von diesen Lagern gezeichnet und unter Lebensgefahr in die Schweiz und Amerika geschmuggelt.

Aber man glaubte ihnen nicht – denn so etwas kann es ja gar nicht geben. Eine Strategie des “Nicht wahrhaben Wollens” wurde vertreten.

Gemäß einer eidesstattlichen Erklärung von Karl Wittig (damaliger Bevollmächtigter General Ludendorffs), hat Hitler am 7.10.1934 geschrien: “Diese Brut wird aus Deutschland ausgerottet werden!” Letztlich starben 2000 Bibelforscher in Deutschland und 157 in Österreich.

Jehovas Zeugen waren die einzige religiöse Gruppe, die sich von Anfang an geschlossen gegen den Nationalsozialismus stellte, und sie waren auch die einzige religiöse Gruppe, die mit einem eigenen Stigma gekennzeichnet waren, dem LILA WINKEL.

Die Bibelforscher waren die einzige Glaubensgemeinschaft, die sich geschlossen dem Nationalsozialismus verweigerte. In den Konzentrationslagern stellten sie sogar eine eigene Häftlingsgruppe dar, die mit einem “Lila Winkel” sigmatisiert wurde. Man kennzeichnete sie damit als Feinde des Regimes, die nicht bereit waren, der Ideologie des Systems Folge zu leisten. Das Kennzeichen wurde auf die Häftlingskleidung aufgenäht.

Das Ziel der Bibelforscher war nie die gewaltsame Veränderung der politischen Systeme. Sie setzten ihr Vertrauen nie auf irgendeine andere Herrschaft als in die, um welche alle Christen im „Vater Unser“ beten: “Dein Reich komme“. Ihre Hoffnung ruhte nicht auf dem Dritten Reich und dessen Führer Hitler. Daher weigerten sie sich dieses Reich des Wahnsinns und der Gewalt zu unterstützen.

“Einen ‘lila Winkel’ mussten die Zeugen Jehovas tragen. Einen lila Winkel und andere Zeichen, die die Menschen von außen stigmatisiert haben, so dass man hinzeigen und sagen konnte: “Schaut her, die sind anders als wir, die wir die “Guten” einer neuen Zeit sind.” Man hat sie außen gekennzeichnet, um sie abzusondern, um sie auszugrenzen, um Zwietracht und Hass zwischen den Menschen zu säen.” (Angela Orthner, 1. Landtagspräsidentin von Oberösterreich, Ansprache anlässlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-ZEit” in Linz am 9. März 1998)

Die Bibelforscher waren die einzigen, die durch das Unterzeichnen eines Dokuments, kein Bibelforscher mehr zu sein, sofort ihre Freiheit erhalten hätten. Sie taten es nicht. Nachstehende Kommentare von Zeitzeugen belegen, wie sehr die Bibelforscher dafür geachtet wurden.

“Ich hatte große Achtung vor ihnen, denn sie hätten ja von heute auf morgen freikommen können, wenn sie durch eine Unterschrift ihrem Glauben abgeschworen hätten. Im Grunde waren diese Frauen, die so schwach und ausgemergelt aussahen, stärker als die SS, welche die Macht auf ihrer Seite hatte und alle Mittel aufbieten konnte. Sie hatten Kraft, Willenskraft, und die konnte niemand beugen.” Geneviéve de Gaulle, Zeitzeugin, Präsidentin der Vereinigung ehemaliger Lagerinsassinnen der französischen Widerstandsbewegung, Standhaft trotz Verfolgung – Jehovas Zeugen unter dem NS-Regime, New York 1966, Watchtower Bible and Tract Society of New York, Inc.

“Wir hatten große Achtung vor den Bibelforschern, denn wir wussten, dass sie nur unterschreiben mussten und dann wären sie frei gewesen.” Dr. Hermann Lein, Zeitzeuge, Ansprache anläßlich der Gedenktafelenthüllung in der Gedenkstätte Mauthausen am 8. August 1998

“Nur für die Bibelforscher gibt es ein schreckliches Nachspiel. 35 von ihnen haben die Unterschrift im Wehrpass verweigert. Ihr Glaube verbietet ihnen, Menschen zu töten; wenn sie nicht abtrünnig werden sollen, müssen sie den Wehrdienst verweigern. Sie tun es, indem sie keine Unterschrift leisten. Sie haben damit ihr Todesurteil ausgesprochen. Alle bekommen einen schweren Granitstein auf die Schultern und müssen den ganzen Vormittag um den Arrestbunker laufen. In der Mittagszeit stehen sie ohne Essen mit einem Schaufelstiel im Genick und gespreizten Armen, die Augen gegen die Sonne gerichtet, stundenlang! Am Nachmittag kreisen sie wieder ununterbrochen mit den schweren Steinen um den Bunker. Wr zusammenbricht, wird von dem wachhabenden Blockführer geschlagen und in die Arrestzelle geworfen, wo sie elend umkommen. Acht Tage wird diese Tortur fortgesetzt, dann ist der letzte der 35 Bibelforscher gemordet. Es ist ein neunzehnjähriger Bursche, er hat es am längsten ausgehalten. Sein blutverkrustetes Gesicht an den Stein gepresst, wankt er um den Bau, wird immer langsamer, bleibt schließlich stehen, zittert am ganzen Körper und sinkt zu Boden. “Vaterlandsverräter!” Mit diesem Schimpfwort stößt ihn der Blockführer vollends um, dann schleift er ihn in die Zelle, den letzten von fünfunddreißig …” Erwin Gostner, Zeitzeuge, Buch: “1000 Tage im KZ”, Ein Erlebnisbericht aus den Konzentrationslagern Dachau, Mauthausen und Gusen, Verlag Wilhelm Burger, Mannheim, 1946

“Da ist etwas, was uns von den Kameraden der Zeugen Jehovas nicht trennt, sondern unterscheidet: sie waren die Standhaften, sie hätten durch eine Unterschrift, dass sie also bereit sind zur deutschen Wehrmacht einzurücken, … von Hitler begnadigt werden können. Die Kommandantur hatte sogar den Befehl, solche Leute binnen 24 Stunden der nächsten Wehrforschungsstelle zu übergeben. Es ist mir – ich kann hier nur von Buchenwald sprechen – kein einziger Fall bekannt, dass ein Bibelforscher diesem Ansinnen gefolgt wäre. Um sich sein Leben durch den Verrat an seiner Einstellung zu erkaufen.” Mayer Heinz, Zeitzeuge und Präsident des Bundes der Opfer des politischen Freiheitskampfes in Tirol, Ansprache anlässlich der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in der Universität Innsbruck am 9. November 1998

Man mag über die Bibelforscher denken, wie man will, man mag sich in ihre Gedankenwelt hineinfinden oder nicht, man mag ihre Ideen bejahen oder verneinen, es weiß jeder, der mit ihnen zusammen viele Jahre des Grauens erlebt hat, dass sie vorbildliche Kameraden gewesen sind und sich in jeder Situation an unserer Seite gegen die SS, damit gegen Hitler stellten.
Rosa Jochmann, Augenzeugin, Ein Kampf, der nie zu Ende geht, Ansprache vor dem Parlament am 9. Februar 1949

Im Herbst 1942 ging ein neuer Transport Frauen (von Ravensbrück) nach Auschwitz, unter ihnen auch alle “extremen” Bibelforscherinnen. Noch immer wussten wir nichts Genaues über Auschwitz. … Es waren zwölf oder fünfzehn von den Extremen, die vor kurzem erst nach Auschwitz gebracht und nun wieder zurück transportiert worden waren. Eine von ihnen, Rosl Hahn aus Ischl, rief. “Komm her, Grete! Ich muss dir etwas Wichtiges erzählen! Man hat uns von Auschwitz zurückgebracht; wir werden bestimmt hingerichtet. Aber bevor wir sterben, muss ich dir sagen, was in Auschwitz Entsetzliches geschieht! Da wirft man Menschen, lebende Kinder, ja, du kannst es mir glauben, jüdische Säuglinge wirft man ins Feuer. Über dem ganzen Lager liegt Tag und Nacht der Gestand nach verbranntem Menschenfleisch …”
Margarete Buber-Neumann, Augenzeugin, in Als Gefangene bei Stalin und Hitler, Stuttgart 1985, S. 298

“Die gehen nicht in den Krieg”, sagte der Österreicher zu seinem Kameraden. “Die lassen sich lieber töten, als dass sie einen anderen Menschen töten. Ich glaube, nur so handeln wahre Christen. Und weißt du, ich habe etwas Schönes mit ihnen erlebt. Wir waren nämlich mit ihnen zusammen auf einem Block im Lager Stutthof, Juden und Bibelforscher. Die Bibelforscher mussten zu dieser Zeit schwer arbeiten, bei kaltem Wetter immer draußen. Kein Mensch begriff, wie sie es ausgehalten haben. Sie sagten, Jehova gibt ihnen die Kraft dazu. Sie brauchten ihr Brot sehr nötig, denn sie hatten Hunger. Aber was taten sie? Sie trugen alles Brot zusammen, das sie hatten, nahmen sich die Hälfte davon und legten die andere Hälfte ihren Brüdern hin, ihren Glaubensbrüdern, die ausgehungert von anderen Lagern kamen. Und sie hießen sie willkommen und küssten sie. Bevor sie aßen, beteten sie, und nachher hatten alle verklärte und glückliche Gesichter. Sie sagten, dass keiner mehr Hunger habe. Siehst du, da habe ich mir gedacht: Das sind wahre Christen, so habe ich sie mir immer vorgestellt. Wie schön wäre es gewesen, ausgehungerten Mitbrüdern hier in Auschwitz einen solchen Empfang zu bereiten.”
Tibor Wohl, Augenzeuge, in Arbeit macht tot – Eine Jugend in Auschwitz, 1990

Ich erinnere mich an 13 Bibelforscherinnen. Sie weigerten sich aus Glaubensgründen am Appell teilzunehmen (es bedeutete für sie eine militärische Handlung). Sie mussten von anderen Häftlingen zum Appellplatz getragen werden. Der Lagerkommandant Koegel befahl den Blockältesten einige Kübel Wasser über diese Frauen zu schütten und als sie sich weigerten, das zu tun, drohte er ihnen mit dem Bunker. Der Reif hatte alles überzogen und es war sehr kalt. Die völlig durchnässten Bibelforscherinnen wurden schließlich in den Bunker geschleift. Dort wurden die Hunde auf sie gehetzt. Ich musste am nächsten Tag aus den Habseligkeiten der Frauen 13 Pakete machen und diese im Keller einem SS-Mann abgeben. Da wurde mir klar, dass diese Frauen nicht mehr lebten, sie waren ermordet worden.
Hermine Jursa, Augenzeugin, Aussage anlässlich der Tagung des DÖW, ‘Zeugen Jehovas – Vergessene Opfer des Nationalsozialismus?’ am 28. Jänner 1998

Als ich im Dezember 1938 nach Dachau kam, habe ich sehr bald Bibelforscher kennengelernt. … Die Bibelforscher wurden in Dachau in einem gesonderten Bereich gehalten. Abgesperrt vom übrigen Lager mussten sie unter besonders schweren Verhältnissen arbeiten. Für sie gab es keinen Samstag nachmittag und Sonntag. Sie mussten arbeiten. Sie hatten auch keine Möglichkeit, ihre schmale Lagerkost in der Kantine aufzubessern. Aber das Schlimmste war: Es war ihnen das Lesen verboten. … Wir hatten auch große Achtung vor ihnen, da sie ruhige, friedliche und freundliche Menschen waren. Ich begrüße es daher sehr, dass eine Gedenktafel an sie erinnern wird.
Dr. Hermann Lein, Augenzeuge, Ansprache anlässlich der Enthüllung einer Gedenktafel für die Opfergruppe der Zeugen Jehovas in der Gedenkstätte Mauthausen am 8. August 1998

Da ich sechs Jahre in verschiedenen Konzentrationslagern war und sehr vielen Bibelforschern begegnet bin, die ausgezeichnete Handwerker waren, die meisten als Vorarbeiter oder sogar Kapos in den Konzentrationslagern tätig waren, waren das die einzigen, die andere Häftlinge nicht geschlagen haben. Sonst haben alle Arten von Häftlingen, abgesehen von den Kriminellen, die wir als BV’er (Berufsverbrecher) bezeichnet haben – selbst politische Häftlinge haben andere Häftlinge geschlagen; aber ein Bibelforscher hätte nie gegen einen Häftling die Hand erhoben.
Marko Feingold, Augenzeuge, Ansprache anlässlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in Straßwalchen am 22. November 1997

In Berlin kam ich zum zweiten Mal mit ihnen (Anm: den Bibelforschern) in Berührung. Das erschütternde Erlebnis mit ihnen wird mir unvergesslich bleiben. Ich war von Graz nach Berlin transportiert worden, weil ich vor dem Militärgericht über meinen späteren Mann Friedrich Pietzka aussagen sollte. Wir wurden zur Einvernahme in einen tiefer gelegenen, kellerartigen Raum geführt und mussten uns in kleine Kabinen, nur getrennt durch eine Holzwand, nebeneinander setzen und warten. Wir konnten sogar vorsichtig miteinander sprechen. Es dauerte nicht lange, da kamen etliche junge Männer aus einer Tür heraus, offensichtlich von einer Verhandlung und erzählten lachend, dass sie soeben zum Tode verurteilt worden wasren. Uns fuhr der Schreck in alle Glieder. Wir konnten keine Worte finden, wie man so ein Todesurteil so fröhlich hinnehmen konnte! Man reichte ihnen dann etwas zu essen, das sie mit größtem Appetit und unter fröhlichen Gesprächen verzehrten, so, als ob sie einen Freispruch geschenkt bekommen hätten. Wir hätten keinen Bissen hinuntergebraucht! Wir waren fassungslos! War das ihr tiefer Glaube an ihre Auferstehung nach dem Tode? Es waren auf alle Fälle sehr tapfere Menschen, die für ihren friedlichen Glauben ihr Leben hingaben! Und deshalb wurden sie unbarmherzig umgebracht!
Hermine Pietzka, Augenzeugin, in DÖW: Jehovas Zeugen – Vergessene Opfer des Nationalsozialismus?, Wien 1998, S. 54

Was wäre, wenn sich die evangelische Kirche und die Katholiken wie die Zeugen Jehovas verhalten hätten? Die Geschichte wäre anders verlaufen!
Prof. Dr. Susannah Heschel, Historikerin, Video: Standhaft trotz Verfolgung -Jehovas Zeugen unter dem NS-Regime, Watchtower Bible and Tract Society of New York 1996

“Heil Hitler!” kam nicht über ihre Lippen. Man muss sich einmal vorstellen, wieviel Mut es kostete, anders zu sein. Man kommt in einen Raum und hört die Worte “Heil Hitler!”, und da sagt jemand “Guten Morgen!”, oder man betritt einen Raum, die Sitzung ist beendet, man sagt: “Heil Hitler!”, und jemand erwidert: “Auf Wiedersehen!”. Dieses Verhalten zeugt von einzigartiger Zivilcourage und von unvorstellbarer menschlicher Ehrbarkeit.
Dr. Michael Berenbaum, Historiker, Standhaft trotz Verfolgung – Jehovas Zeugen unter dem NS-Regime, New York 1996, Wachttower Bible and Tract Society of New York, Inc.

Ihre große Bewährungsprobe haben die Zeugen Jehovas im Zweiten Weltkrieg bestanden. Sie haben den Eid auf Hitler, den Kampf in der Wehrmacht und die Beteiligung an der Herstellung von Waffen verweigert. Viele der zur Wehrmacht eingezogenen Zeugen Jehovas wurden wegen Kriegsdienstverweigerung hingerichtet. Zahlreiche Bibelforscher wurden in die NS-Konzentrationslager gebracht, wo nicht wenige verhungerten oder Krankheiten erlagen.
em. o. Univ.-Prof. Dr. Erika Weinzierl, Historikerin, DÖW: Zeugen Jehovas – Vergessene Opfer des Nationalsozialismus, Wien 1998, S. 9

Ihr Handeln unter dem NS-Regime entzieht sich der herkömmlichen Kategorisierung. Denn die Zeugen Jehovas trafen bewusst die Entscheidung, sich dem nationalsozialistischen Regime unter dem Risiko ihres Lebens entgegenzustellen, und waren doch keine “Widerstandskämpfer”. Ihr Einsatz zielte nicht auf die Veränderung der politischen Ordnung, sondern es ging ihnen in ihrem religiös motivierten Gegenhandeln um die Möglichkeit uneingeschränkter Glaubensausübung und um die Treue zum “biblischen Gebot”, letztlich damit um die Verantwortlichkeit des einzelnen gegenüber Gott. “Widersand” war für sie ein Bekenntnisakt, ein Erfordernis geistiger Selbstbehauptung.
Dr. Detlef Garbe, Historiker, DÖW: Zeugen Jehovas – Vergessene Opfer des Nationalsozialismus, Wien 1998, S. 18

Schon die bloße Zugehörigkeit zur Internationalen Bibelforschervereinigung war strafbar. Vereinzelt erfolgten auch Festnahmen, weil sich Sektenangehörige öffentlich als solche bekannten, ‘Zeugnis ableigten’ oder Handlungen setzten, die von den NS-Behörden als letzteres interpretiert wurden. Anna und Stefan Piringer aus Zell a.d. Ybbs, denen man die Kinder weggenommen hatte, erkundigten sich in einem Brief an die Pflegeeltern ihres jüngsten Sohnes Franz nach dessen Befinden und wiesen sich offen als Zeugen Jehovas aus. Beide wurden wegen Teilnahme an einer wehrfeindlichen Verbindung … zu je einem Jahr und 6 Monaten Zuchthaus verurteilt. Stefan Piringer starb 1942 im KZ Dachau, Anna Piringer 1944 im KZ Ravensbrück.
Christa Mitterutzner, Historikerin, DÖW: Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich 1933-1945, Band 3

Es gibt die erste Schuld, die Schuld des Verbrechens, und die zweite Schuld, die Schuld des Vergessens und Verdrängens von Verbrechen, die sogenannte Verschweigensschuld. Geschwiegen wurde mehr als 50 Jahre lang. Ich glaube die einzige Alternative dazu besteht darin, sich der historischen Wahrheit zu stellen und die Vergangenheit aufzuarbeiten. Es steht uns nicht zu über die damalige Zeit ein Urteil zu fällen: Die Geschichte selbst hat ihr Urteil gefällt. Was uns bleibt, ist die Verpflichtung, die Erinnerung an diese Zeit wachzuhalten.
Univ.-Prof. Dr. Peter Gstettner, Historiker, Ansprache anläßlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in Klagenfurt am 4. August 1998

Mut ist andererseits eine Tugend, die, wenn tödliche Konsequenzen drohen, nicht eingefordert werden kann. Umso höher muss man aber jene Menschen schätzen, die den Mut, sich dem Nationalsozialismus zu widersetzen, seine Ziele zu bekämpfen, aufgebracht haben. Bewegungen und Einzelpersonen, die das getan haben, fasst man unter dem Begriff “Widerstand” zusammen. … Deshalb erfolgte der christlich motivierte Widerstand oft von überzeugten Einzelpersonen, Priestern und Laien, die nicht selten von ihren Vorgesetzten im Stich gelassen wurden. Vor diesem Hintergrund muss man die Haltung der Zeugen Jehovas bewerten. Sie waren die einzige Religionsgemeinschaft, die konsequent, aktiv und geschlossen den Nationalsozialismus ablehnte und dafür massive Verfolgung in Kauf genommen hat.
Dr. Gernot Kiermayer, Historiker, Ansprache anlässlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in Bregenz am 1. September 1998

Ziemlich rasch – bereits 1934 – versuchten Partei- und Staatsbehörden, die Zeugen aus ihren Stellen bei Behörden und privaten Betrieben herauszudrängen. Auch wurden Renten und Pensionen gestrichen. Ihre religiöse Überzeugung verbot es den Zeugen zu wählen, den “Hitler-Gruß” auszuüben und dem Reichsarbeitsdienst oder der NS-Volkswohlfahrt beizutreten. Die kumulative Wirkung der Verfolgung der Zeugen bedeutete, dass ihre Arbeitsmöglichkeiten zunehmend eingeschränkt wurden, da sie aus der staatlichen Arbeitsvermittlung und den Arbeitsämtern ausgeschlossen wurden. Die Entlassung von ihren Arbeitsplätzen, das Verbot der Ausgabe von Wandergewerbescheinen an Bibelfoscher und der Verlust der Arbeitslosenversicherung bedeuteten die zwangsweise Verarmung individueller Zeugen.
Dr. Sybil Milton, Historikerin, DÖW: Zeugen Jehovas – Vergessene Opfer des Nationalsozialismus?, Wien 1998, S. 23

Ich freue mich ganz besonders, dass die Zeugen Jehovas selbst mit begonnen haben, hier in Österreich, an ihrer Zeitgeschichte zu schreiben, eine Zeitgeschichte, auf die sie stolz sein können – ohne Ausnahme stolz – im Gegensatz zu vielen anderen christlichen Religionen.
em. o. Univ.-Prof. Dr. Erika Weinzierl, Historikerin, Referat anlässlich der Buchpräsentation Zeugen Jehovas – Vergessenen Opfer des Nationalsozialismus? Wien, am 17. Juni 1998

Doch es gab nicht nur “Beifall” von kirchlicher Seite über das entschiedene Vorgehen des neuen Staates gegen “Gottlosenbewegung und Bibelforschertum”, vielmehr wirkten an den maßgeblichen Besprechungen über das Verbot der Bibelforschervereinigung Vertreter der Kirchen mit. Mehr noch – und dieses gehört sicherlich zu den ganz dunklen Seiten der Kirchengeschichte, derer es leider in jenen Jahren nicht so wenige gab – teilweise riefen Kirchenleitungen die Pfarrer und Pastoren zu Spitzeldiensten für die Gestapo auf, um den Zeugen Jehovas “das Handwerk zu legen”.
Dr. Detlef Garbe, Historiker, DÖW: Zeugen Jehovas – Vergessene Opfer des Nationalsozialismus?, Wien 1998, S. 12

Mit Bescheid des Bundesgerichtshofes vom 7. Februar 1936 wurde die ‘Sekte’ – nicht zuletzt auf Betreiben der katholischen Kirche – verboten. … Die Zeugen Jehovas – deren religiöse Einstellung ich nicht teile – geben ein Beispiel für die notwendige Zivilcourage, um menschenverachtenden Ideologien wie dem Nationalsozialismus zu trotzen. In diesem Sinne verneige ich mich als Historiker vor jenen Opfern aus dieser Religionsgemeinschaft, die Blutzeugnis abgelegt haben im Widerstand gegen das Hitlerregime.
Mag. Dr. Werner Bundschuh, Historiker, Ansprache anlässlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in Dornbirn am 23. September 1998

Die Zeugen Jeovas gewannen sich durch ihre unbedingte Haltung zu ihren Grundsätzen und Überzeugungen eine hohe Achtung unter den übrigen Häftlingen.
Wulff Brebeck, Historiker, Video: Standhaft trotz Verfolgung – Jehovas Zeugen unter dem NS-Regime, Watchtower Bible and Tract Society, New York 1966

Die Zeugen Jehovas stritten im Konflikt mit dem NS-Regime für die Organisation und Glaubensfreiheit. Widerstand war für sie ein Bekenntnisakt, ein Erfordernis geistiger Selbstbehauptung. … Ausschlaggebendes Kriterium für das Vorgehen gegen die Glaubensgemeinschaft war deren mangelnde Loyalität gegenüber dem nationalsozialistischen Staat. Sie, die den Eid auf Jehova geleistet haben, weigerten sich, auf Führer und Reich zu schwören, den Hitlergruß zu gebrauchen oder sich an Luftschutzmaßnahmen zu beteiligen. Die Ablehnung der Arbeit in der Rüstungsproduktion und die Verweigerung des Wehrdienstes wurden ebenfalls bereits angeführt. … Als die Konzentrationslager ab 1942 verstärkt in die Rüstungsproduktion mit einbezogen wurden, verweigerten nahezu alle Bibelforscherhäftlinge die Mitarbeit bei der Herstellung von Waffen und anderem Kriegsgerät. … Lassen Sie mich schließen: Den Zeugen Jehovas gab ihr Gottesglaube und ihr Vertrauen auf die biblischen Verheißungen die Kraft, die Ehrfurcht vor dem Leben auch in jener Zeit zu wahren. Dafür gebührt ihnen unsere Hochachtung und unser Respekt.
Dr. Heinz Arnberger, Historiker, Ansprache anlässlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in Wien am 5. Oktober 1998

Eine Teilnahme an dem von den politischen Gefangenen getragenen Lagerwiderstand lehnten sie ab. Sabotage und politisch zielgerichtete Aktionen gegen die SS meinten sie mit ihrem Glauben nicht vereinbaren zu können. Selbst im Lager versuchten sie, ihre bibelforscherische Neutralität zu wahren.
Dr. Detlef Garbe, Historiker, DÖW: Zeugen Jehovas – Vergessene Opfer des Nationalsozialismus?, Wien 1998, S. 17

Die Geschichtswissenschaft ist nicht immer objektiv, aber muss sie deshalb ungerecht sein? Die Auseinandersetzung mit dieser Opfergruppe ist sicherlich durch Jahrzehnte dadurch beeinflusst worden, dass eine Mehrheit mit dieser Gruppe nicht so viel anzufangen weiß und dieses Unverständnis hat dazu geführt, dass die Opfer dieser Gruppe nicht gewürdigt wurden, und das ist sicher ungerecht. Wenn von religiösem Widerstand gesprochen wird, fällt jedem Franz Jägerstätter ein. Bei der Auseinandersetzung mit Jägerstätter fällt der Vorwurf ein: “Es kann nicht jeder ein Jägerstätter sein.” Das kann man nicht erwarten und auch nicht fordern. Umso höher muss die Entschlossenheit und Entschiedenheit jener gewürdigt werden, die dafür in den Tod gegangen sind. Allein in Krems gab es fünf Jägerstätter: Rudolf Redingshofer, Hubert Stanzl – er weigerte sich den Hitlergruß zu leisten und in der Waffenfabrik in St. Valentin zu arbeiten -, Franz Oswald, das Ehepaar Köck. … Allein fünf Opfer in Krems sind eine Notwendigkeit, dass man sich mit dieser Zeit auseinandersetzt und das Opfer, das sie gebracht haben, würdigt.
Dr. Robert Streibel, Historiker, Ansprache anlässlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in Krems a.d. Donau am 2. Mai 1998

Von Anfang an nahmen Jehovas Zeugen eine klare Position ein, und sie bewahrten ihren Standpunkt politischer Neutralität … In den ersten Monaten versuchte man den Behörden zu erklären, was das bedeutet, und dass es sich dabei nicht um eine politische Bedrohung handelt.
Dr. Christine King, Historikerin, Video: Standhaft trotz Verfolgung -Jehovas Zeugen unter dem NS-Regime, Watchtower Bible and Tract Society of New York 1996

Lange Zeit hat die zeitgeschichtliche Forschung die Zeugen Jehovas nur als Kriegsdienstverwigerer wahrgenommen. Erst sehr spät begann sich dann die Forschung mit dem Konflikt der Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. … Wieso kommt es zu einer so radikalen Verfolgung einer – statistisch gesehen – unbedeutenden Gruppe, die für die Nationalsozialisten rein aufgrund ihrer Größe eigentlich keine Gefahr bedeuten konnte? Historiker haben auch immer wieder darauf hingewiesen, dass Zeugen Jehovas, auch sozial gesehen, keine Gefahr darstellten. Sie waren in den gesellschaftlichen Eliten des Deutschen Reiches überhaupt nicht verankert. Sie finden so gut wie keine Zeugen Jehovas in der deutschen Aristokratie, sie finden so gut wie keine im Großbürgertum. Die Masse der Zeugen Jehovas rekrutiert sich aus Handwerkern, Arbeitern und aus dem Kleinbürgertum.
Mag. Gerhard Baumgartner, Historiker, Ansprache anläßlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit in Eisenstadt am 6. Juli 1998

In den Jahren 1939 bis 1941 hat die SS mit unvorstellbarer Grausamkeit gegen die Zeugen Jehovas gewütet. Sie hat alle Formen der Folter und der Torturen gegen sie aufgebracht und gegen sie angewandt, um Zeugen Jehovas zu brechen.
Dr. Detlef Garbe, Historiker, DÖW: Zeugen Jehovas – Vergessene Opfer des Nationalsozialismus, Wien 1998, S. 12

Kommentare zur Ausstellung "Die vergessenen Opfer der NS-Zeit"

Erinnerung an gestern ist Aufgabe von heute und vielleicht Widersand von morgen. Und der Widerstand ist immer zu üben, gegen Willkür und Terror. Auch heute gilt es mehr denn je, wider Rassismus, wider Nationalismus, gegen politische Willkür, gegen Diktatur, gegen die Ermordung des Nachbarn, des Nächsten einzutreten und aufzuklären. Wie ich gelesen und gehört habe, waren es gerade die Zeugen Jehovas, die sich am standhaftesten geweigert haben, obwohl es immer wieder Angebote gegeben hat, sie mögen den Eid ablegen, dann würden sie freigelassen. Es gab auch viele, die sich nicht hergegeben haben, ihrer Religionsgemeinschaft abzuschwören, als Kapo zu dienen oder als verlängerter Arm der Lagerverwaltung. Und ich glaube, dies ist ein Zeichen der Standhaftigkeit und auch der geistigen Standhaftigkeit, die zu achten und zu schätzen ist.Karl-Heinz Herper, Stadtrat von Graz, Ansprache anlässlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in Graz am 1. September 1997

Franz Jägerstätter war mir schon als Kind ein Begriff, weil sich mein Vater auf ihn bezogen hat. Er hat voll Ehrfurcht von ihm gesprochen, aber gleichzeitig auch darauf hingewiesen, dass sicher Franz Jägerstätter eine Ausnahme war, und er jedenfalls nicht so handeln konnte. Anfang der 80er Jahre habe ich in Innsbruck an der Universität an einer Dokumentation gearbeitet – über die Verfolgung der Zeugen Jehovas. Und Ende der 80er Jahre habe ich an einer ähnlichen Dokumentation für das Bundesland Salzburg gearbeitet. Ich bekomme vom Dokumentationsarchiv in Wien einen Stapel Dokumente über die Verfolgung von Bibelforschern, wie wir sie eigentlich noch immer am Land nennen, und ich sehe mir die Dokumente durch und finde plötzlich auch Unterlagen von Matthias und Johann Nobis aus St. Georgen bei Salzburg. Ich habe erst Ende der 80er Jahre erfahren, dass aus meiner Heimatgemeinde zwei Zeugen Jehovas hingerichtet worden sind: im Jänner 1940 in Berlin.
Dr. Andreas Meislinger, Politologe, Ansprache anlässlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in Straßwalchen am 22. November 1997

Diese Ausstellung ist keine Anklage an Personen, ist aber auch keine Anklage an die Soldaten des 2. Weltkrieges, sondern ist eine Mahnung einer Glaubensgemeinschaft an uns alle, nicht noch einmal oder nie wieder einer derartigen Täuschung, einer derartigen Blendung und Verführung zu unterliegen. Es ist eine Mahnung an uns alle. Und wem hilft es, zu verschweigen, was damals passierte? … Kaum jemand hat etwas gewusst, niemand war dabei, kaum jemand hatte dem zugejubelt – aber woher nahm dann dieses Regime in Wirklichkeit die Kraft und die Entschlossenheit zu Taten, wie sie in dieser Ausstellung in Form von Bildern und Dokumenten gezeigt werden? Ich glaube, dass die Botschaft aus dieser Ausstellung nur sein kann und nur ist: mehr Solidarität, mehr Miteinander, mehr Füreinander und nie mehr Gegeneinander, mehr Toleranz, kein Ruf nach Rache und kein Ruf nach Genugtuung.
Otto Heibl, Landtagsabgeordneter der Steiermark, Ansprache anlässlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in Leibnitz am 18. November 1997

Die Zeugen Jehovas können sich mit Recht darauf berufen, dem “Bösen” widerstanden zu haben. Im wörtlichen Sinne der biblischen Aufforderung haben sie ihren Anspruch, in der wahren Nachfolge Jesu Christi zu stehen, erfüllt. … Hätte es dieses Beispiel einer standhaften christlichen Glaubensgemeinschaft unter der nationalsozialistischen Diktatur nicht gegeben, so müsste nach Auschwitz und dem Holocaust an der Erfüllbarkeit der christlichen Lehre Jesu gezweifelt werden.
Gabriele Yonan, Religionswissenschaftlerin, in Hesse, Hans: Am mutigsten waren immer wieder die Zeugen Jehovas, Bremen 1998

Aus heutiger Sicht müssen wir uns mit dieser Zeit auseinandersetzen, weil es einfach ein Akt der gesellschaftlichen Hygiene ist, Verbrechen nicht im Raum stehen zu lassen, ‘denn die Gerechtigkeit bricht sich ihren Weg’, wie Nationalratspräsident Heinz Fischer im Vorwort zum Anton-Uran-Buch schreibt. Nehmen Sie das Schicksal von Anton Uran stellvertretend auf – in Ihre Köpfe, in Ihre Diskussionen, in Ihre Familien. Seien Sie zuversichtlich, wir werden wachsam sein und weiterarbeiten an dem Thema, weil wir als gesamte Gesellschaft, als Bürger der Republik Österreich, dies als richtungs- und zukunftsweisend erachten.
Vinzenz Jobst, Bildungsvorsitzender des ÖGB Kärnten, Ansprache anlässlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in Völkermarkt am 8. August 1998

Hitler ist leider nicht nur ein Name. Hitler ist vielmehr eine Gesinnung. Diese ist nicht tot. Sie lebt immer noch. Ihr entgegenzutreten, erfordert heute immer noch Mut.
anonym, Eintragung im Gästebuch der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in Eisenstadt

Diese Ausstellung gibt ein beredtes Zeichen, dass in der Zeit des Nationalsozialismus, die Würde der Menschen mit Füßen getreten und aufs Tiefste verletzt wurde. Wenn wir die Mahnung der Opfer in unseren politischen Alltag mit einbeziehen, war ihr Opfer ein Beitrag dafür, dass solche Systeme in Zukunft keine Chance mehr haben. Wir brauchen weltweite Solidarität für alle Menschen, egal welcher Glaubensgemeinschaft sie angehören, die bedroht und verfolgt werden. Ich habe diese Ausstellung gesehen und bin zutiefst erschüttert. Mögen viele diese Ausstellung sehen und möge sie für viele ein Anlass zur Besinnung sein.
Silvia Waldner, Gemeinderätin in Klagenfurt, Ansprache anlässlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in Klagenfurt am 4. August 1998

Eine religiöse Minderheit, die in der Gedenkarbeit bislang nicht jene Beachtung gefunden hat, die sie verdient, sind die Zeugen Jehovas. Sie wurden vom Hitlerregime gnadenlos verfolgt und ermordet und haben doch bewiesen, mit ihrer Standhaftigkeit, dass sie vermögen, ihren Glauben zu verteidigen. Und wenn man die Bilder und Schautafeln dieser Ausstellung betrachtet, hat man einmal mehr vor Augen, welches menschliche Leid hinter jedem einzelnen Schicksal steht. Es wird einmal mehr auf schreckliche Weise veranschaulicht, was die Opfer des Nationalsozialismus durchleiden mussten, nur weil sie einer unerwünschten Glaubensrichtung angehörten. … Ich möchte Ihnen auch wünschen, dass einer breiten Öffentlichkeit Zeugen Jehovas als Opfer des Faschismus ins Gedächtnis gerufen werden. Möge die Ausstellung auch eine Mahnung sein, dass sich dieses dunkle Kapitel unseres Jahrhunderts niemals wiederholen darf.
Erika Stubenvoll, 3. Landtagspräsidentin in Wien, Ansprache anlässlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in Wien am 5. Oktober 1998

Wir dürfen nicht vergessen, wir müssen uns der Geschichte stellen! Denn wenn wir nicht bereit sind aus der Geschichte zu lernen, dann werden wir sie wieder erleben. … Kommen schon wieder jene an die Öffentlichkeit, die nicht aus der Geschichte gelernt haben, die regieren, die nicht glauben, dass es das, was es gegeben hat, wirklich gegeben hat? Wehren wir den Anfängen, sind wir nicht feige, sagen wir jetzt etwas dazu. Verlangen wir nicht von jemandem, dass er den Mut eines Jägerstätters, Stanzls, Oswalds oder dem Ehepaar Köcks hat. Noch tut es nicht weh, noch gefährdet es nicht das Leben, noch gefährdet es nur das Ansehen, die Reputation, vielleicht auch die Mehrheit. Jetzt müssen wir laut werden, jetzt müssen wir uns etwas trauen, nicht dann, wenn wir den Mut eines Jägerstätters, Redlingshofers oder einer Familie Köck brauchen! Daher bin ich froh und dankbar, dass sich Vertreter Ihrer Glaubensgemeinschaft bereit erklärt haben, diese Ausstellung zu organisieren.
Franz Hölzl, Bürgermeister von Krems, Ansprache anlässlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in Krems a.d.Donau am 2. Mai 1998

Nahezu unbemerkt blieb die Gruppe der weiblichen Häftlinge. … Es ist nur wenig über die Frauen zu erfahren, wobei allerdings ein Thema dominiert: Die Frauen seien nämlich samt und sonders eingesperrt gewesen, weil sie Bibelforscherinnen gewesen seien und dem Staat die Dienste verweigert hätten. Man habe ihnen immer wieder gesagt, sie kämen frei, würden sie ihrem Glauben abschwören. Die Frauen wären allerdings … in keinem Fall zu diesem Akt bereit gewesen.
Mag. Dietmar Seiler, Publizist, Die SS im Benediktinerstift – Aspekte der KZ-Außenlager St. Lambrecht und Schloss Lind, Graz 1994

Es ist zu befürchten, dass nicht aufgearbeitete Geschichte der Nährboden für Wiederholung ist. Die Veranstalter, die Zeugen Jehovas, erweisen mit dieser Ausstellung jenen Menschen Respekt und Ehre, die in unerschütterlicher Treue zu ihrer politischen und auch religiösen Überzeugung ihr Leben bis zur letzten Konsequenz eingesetzt haben.
Helga Manche, Bürgermeisterin von Lienz, Ansprache anlässlich der Eröffnung der Ausstellung “Die vergessenen Opfer der NS-Zeit” in Lienz am 29. August 1998

Die Zeugen Jehovas waren pflichtbewusste, ehrliche Bürger, die nie zu Gewalt neigten, die Staatsgesetze befolgten, ihre Steuern zahlten und schwer arbeiteten. Reichsführer SS Himmler gab seiner Hochachtung vor dem beispielhaften moralischen Verhalten der Zeugen in einem Schreiben an Ernst Kaltenbrunner, den Chef des Reichssicherheitshauptamtes, am 21. Juli 1944 Ausdruck.
Radomir Luca, Der Widerstand in Österreich, 1938-1945, Wien 1985

Der Vorstand

Verein zur Rehabilitierung und Unterstützung von Opfern der NS-Zeit - beschäftigt sich seit 1998 mit der Dokumentation und Aufarbeitung des Schicksals unschuldiger Opfer.

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