Warning to the generations
Franz Bichler erlebte bereits als 20jähriger die Härten des Ersten Weltkrieges und wurde für seinen Einsatz in Italien mit der silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet.
Im Jahr 1919 heiratete er Josefa Eder und gemeinsam übernahmen sie den „Reschnhof“ in der Ramsau. Nun hatten sie zwar einen landwirtschaftlichen Besitz, doch war dies mit Schulden verbunden und da außerdem die Kinder der Reihe nach kamen, war die junge Familie sehr arm. So mussten die fünf Söhne von klein auf zu Hause in der Landwirtschaft mithelfen.
Franz Bichler wurde des Öfteren von Anton Spießberger und Franz Unterbrunner besucht. Trotz Bemühungen seitens des Ortsgeistlichen schloss sich Franz Bichler den Zeugen Jehovas an.
Wie wenig Mitleid das Regime hatte, wurde bei der Verhaftung von Franz Bichler deutlich. Die Gestapo erschien in Begleitung des Ortsgendarmen bei ihm zu Hause, führte eine Hausdurchsuchung durch und nahm ihn fest. Die Anklage lautete auf Hochverrat. Ihm blieb kaum Zeit um Abschied von seiner Familie zu nehmen.
Auch die Nachbarn konnten die Verhaftung nicht verstehen und versuchten die Angehörigen mit den Worten zu trösten: „Das sind anständige und ehrliche Leute, die kommen sicher alle bald wieder!“ Leider sollten sie nicht recht behalten.
KZ Dachau und Mauthausen
Franz Bichler wurde am 3. Juni 1939 in das KZ nach Dachau gebracht. Seine Häftlingsnummer war 33624.
Im September 1939 wurde das Lager Dachau kurzzeitig geräumt, um SS-Verbände auszubilden. 144 Zeugen Jehovas wurden deshalb von München in das oberösterreichische Konzentrationslager verlegt, unter ihnen auch alle männlichen Bibelforscher aus Molln. Was sie dort erwartete, war noch viel schlimmer als die „Hölle“ von Dachau! Als die Zeugen von Dachau kommend um Mitternacht aus dem Viehwaggon kletterten, wurde ihnen gleich gesagt: „Mauthausen ist kein Sanatorium wie Dachau; wir werden euch alle kaputtmachen“ (Aussage des Zeitzeugen Alois Moser).
Außerdem wurden ankommende Zeugen Jehovas von dem gefürchteten Hauptscharführer Spazenegger, der diese Häftlingsgruppe gerne als „Himmelskomitee“ und „Bibelwürmer“ bezeichnete, mit den Worten begrüßt: „Kein Zigeuner und kein Bibelforscher wird hier lebend wieder herauskommen. Höchstens kommt ihr alle nur durch den Kamin des Krematoriums wieder heraus!“ (Zeitzeugenbericht von Hubert Mattischek).
Dazu kam die spärliche Nahrung im Lager, die die Gefangenen in kürzester Zeit bis auf das Skelett abmagern ließ. Sie waren in solch schlechtem Gesundheitszustand, dass sich sogar die Besatzung im Lager Dachau entsetzte, als ein Trupp Häftlinge von Mauthausen in das Lager nach München zurückkehrte.
Als ein Sohn von Franz Bichler Fronturlaub hatte, beschloss er mit einem der Söhne von Franz Unterbrunner gemeinsam nach Mauthausen zu fahren und nach den Vätern zu sehen. Da er ein Angehöriger der Wehrmacht war, dachten die beiden, sie würden wohl Zutritt erlangen. Doch sie täuschten sich. Schon am Eingangstor wurden sie mit den Worten verjagt: „Macht, dass ihr nach Hause kommt!“
Franz Bichler starb am …. und hinterließ eine Witwe und fünf, zum Großteil minderjährige Söhne. Der Jüngste war elf Jahre alt und fiel fünf Jahre später im Volkssturm. Ein weiterer Sohn fiel dem Wahnsinn Hitlers zum Opfer und kehrte ebenfalls nicht mehr von der Front zurück.
Quelle: Roland & Claudia Donabauer, „Für die Welt sind wir lebendig tot“ – Jehovas Zeugen aus Molln widerstehen dem NS-Regime, 2009
Die Marktgemeinde Molln errichtete 2003 für die Opfer aus Molln: Franz Bichler, Maria Dürnberger, Valentin Eder, Zäzilia Hauser, Maria Mittenhuber, Cäcilia Mollnhuber, Anton Spießberger, Franz Unterbrunner und Josef Unterbrunner ein Denkmal, das an die zivilen Opfer der NS-Gewaltherrschaft erinnern soll.
© 2024 Purple Angle Association - All rights reserved