Heide Gerhard

  • Geboren am: 07. Oktober 1932

1942 wurde Gerhard von seinen Eltern weggeholt, wie das auch mit anderen Kindern von Zeugen Jehovas geschah. Da sich seine Tante Anna, die damals Mitglied der NSDAP war, für Gerhard einsetzte, musste er nicht in ein Erziehungsheim. Er durfte bei einer Frau in St. Veith wohnen, die damals Direktorin der ansässigen Mädchenhauptschule war. Obwohl Gerhard von der Direktorin wegen seiner Einstellung nicht bedrängt wurde, gab es Probleme in der Schule, da er den „Hitler-Gruß“ verweigerte. Unter diesen Umständen wollte man ihn nicht länger an der Schule behalten.

Nach einem kurzen Aufenthalt in Klagenfurt kam Gerhard nach Pörtschach, wo NS-gesinnte Verwandte ihn in ihrem Sinne zu erziehen versuchten. Auch dort konnte man Gerhards Willen nicht brechen, was den „Hitler-Gruß“ betraf. Dies hatte zur Folge, dass er in ein KLV-Lager in Lienz, Osttirol, kam. Er wurde im Schloss Lengberg in Nikolsdorf bis Kriegsende untergebracht.

Obwohl dort kein so großer politischer Druck auf die Kinder ausgeübt wurde, war die NS-Propaganda allgegenwärtig, besonders wenn im Rundfunk Erfolgsmeldungen vom Kriegsgeschehen verlautbart wurden. Diese Meldungen wurden mit der Zeit seltener, bis sie schließlich ganz ausblieben. Stattdessen wurde immer öfter gemeldet: „Die Front wurde begradigt“, was die Buben hinter vorgehaltener Hand mit „siegreichem Rückzug“ kommentierten. Der Zusammenbruch des „Dritten Reiches“ blieb Gerhard für immer unvergessen.

Er erinnert sich: „Der Lagerleiter versammelte die Buben im Speisesaal und verkündete, das Adolf Hitler tot sei und das Dritte Reich zu Ende wäre. Während ich bei dieser Mitteilung eine ungeheure Erleichterung empfand, bemerkte ich plötzlich, wie alle meine Schulkameraden um mich zu weinen begannen. Für sie war eine Welt zusammengebrochen, was jeder, der diese Zeit miterlebt hat, verstehen kann. Es lässt sich mit Worten schwer beschreiben, wie sehr mich dieses Erlebnis damals beeindruckt hat, nämlich die Verzweiflung der 13- und 14-jährigen Buben zu beobachten, die das Gefühl hatten, vor einem Abgrund zu stehen, während ich mit Freude und Zuversicht der Zukunft entgegen blicken konnte, da ich wusste, dass unsere Familie nun bald wieder vereint sein würde. Damals wurde mir mit aller Deutlichkeit bewusst, welch ein Segen es ist, wenn man seine Hoffnung nicht auf einen Menschen setzt, so wie meine Schulkameraden gelehrt wurde, auf Hitler zu vertrauen. Umso dankbarer war ich meinen Eltern – und bin es heute noch – dass sie mich von klein auf gelehrt hatten, mein Vertrauen auf Jehova Gott und nicht auf Menschen zu setzen. Nach Kriegsende war die ganze Familie Heide wieder vereint. Seine Halbschwester war während dieser Zeit bei Verwandten in Wien untergebracht.

Quelle:

 „Für alles bin ich stark durch den der mir Kraft verleiht!“ Widerstand und Verfolgung der Zeugen Jehovas in der Zeit des Nationalsozialismus in Kärnten. Seite 113/115 Dr. Gerti Malle, ISBN: 978 3-643-14127- 9

Quelle: Jehovas Zeugen in Europa Geschichte und Gegenwart Band 3  Seite 419

 

Verein zur Rehabilitierung und Unterstützung von Opfern der NS-Zeit - beschäftigt sich seit 1998 mit der Dokumentation und Aufarbeitung des Schicksals unschuldiger Opfer.

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