Nemec Viktor

geboren am: 22.11.1885 in St. Pölten, Österreich

Beruf: Städtischer Angestellter

Urteil des SG beim LG St. Pölten gegen Viktor Nemec aus St. Pölten wegen Vergehens nach dem Heimtückegesetz, 4. 7. 1940.


OF/NÖ/590 (begl. Abschrift)
DÖW E 19.285


Strafsache gegen den am 22.11.1885 […] geborenen städtischen Angestellten Viktor Nemec […] vorbestraft gegen § 2 Abs. 1,2 HG.
Das Sondergericht beim Landgericht St. Pölten hat […] zu Recht erkannt:


Der Angeklagte wird wegen Vergehens nach § 2 Abs. 1,2 des Gesetzes gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutze der Parteiuniformen vom 20. 12.1934 (RGBl. 1 S. 1269) zu zwei Jahren Gefängnis […] verurteilt. […]


Er beteiligte sich an den öffentlichen Bibelstudien der Bibelforscher und ließ sich im Frühjahr 1939 taufen. Zu den Bibelforschern gehörte auch der in St. Pölten wohnhafte Schuhmacher Alois Schuster.
Alois Schuster hatte Ende August oder Anfang September 1939 einen Gestellungsbefehl erhalten. Da sein Bruder, der Friseur Johann Schuster, gehört hatte, dass Alois dem Gestellungsbefehl nicht Folge leisten wollte, suchte er ihn Anfang September 1939 auf, um ihm zuzureden, doch einzurücken. Als Johann Schuster mit seiner Frau Berta seinen Bruder Alois besuchte, war der Angeklagte bereits in der Wohnung des Alois Schuster. Das Ehepaar Johann und Berta Schuster redeten nun dem Alois Schuster zu, dem Gestellungsbefehl zu folgen. Alois Schuster, der beim Abendbrotessen war, erklärte, er würde nicht einrücken. Der Angeklagte mischte sich daraufhin in die Unterredung und äußerte. „Für was sollen wir kämpfen, vielleicht für den Menschen, dem alles ‚Heil‘ zuruft? Nur Jehova kann man ‚Heil‘ sagen und nur der kann uns helfen. Der Führer lügt auch, denn in jedem zweiten Wort widerspricht er sich. Lesen Sie nur sein Buch „Mein Kampf“, dort heißt es, wer sich mit dem Kommunismus verbindet, verbindet sich mit dem Teufel. Er hat uns ja auch nichts gegeben, sondern im Gegenteil nur genommen. Der Führer hat bisher nicht mehr geleistet, als dass die Arbeitslosigkeit geringer geworden ist.“

– Der Angeklagte meinte dann auch weiter, Alois Schuster brauche nicht einzurücken,
die Welt ginge bald unter, in [ein] paar Wochen sei alles aus. Bei seinen Worten war der Angeklagte sehr erregt.

 

Quelle: Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich 1934-1945 Band 3 Herausgeber
„Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes“. Seite 283/284.

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